Urteil vom 17.06.2025 -
BVerwG 4 C 4.24ECLI:DE:BVerwG:2025:170625U4C4.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 17.06.2025 - 4 C 4.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:170625U4C4.24.0]
Urteil
BVerwG 4 C 4.24
- VG Hamburg - 21.12.2022 - AZ: 7 K 2837/22
- OVG Hamburg - 21.03.2024 - AZ: 2 Bf 61/23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seidel, Dr. Koch und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Stamm für Recht erkannt:
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. März 2024 aufgehoben.
- Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
- Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I
1 Die Klägerinnen wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts.
2 Am 17. Mai 2021 schlossen die Klägerin zu 1 als Verkäuferin und die Klägerin zu 2 als Käuferin einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 3 110 000 €. Die Klägerinnen sind GmbH & Co. Kommanditgesellschaften mit denselben Gesellschaftern. Alleiniger Kommanditist ist jeweils Herr X.; Komplementärin beider Kaufvertragsparteien ist die Y. Verwaltungsgesellschaft mbH, eine Ein-Personen-GmbH mit Herrn X. als Gesellschafter. Das verkaufte Grundstück liegt aktuell im Geltungsbereich der am 1. Oktober 2021 in Kraft getretenen Verordnung über die Begründung eines Vorkaufsrechts im Bereich des Gebietes "Diebsteich" vom 21. September 2021 (HmbGVBl. S. 681); vormals lag es im Geltungsbereich der zum 1. Oktober 2021 aufgehobenen Verordnung über die Begründung eines Vorkaufsrechts im Bereich des Gebiets "Mitte Altona" vom 19. Februar 2008 (HmbGVBl. S. 108). Die Beklagte übte mit Bescheid vom 9. Juli 2021 unter Ziffer (i) ein auf § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gestütztes Vorkaufsrecht hinsichtlich einer im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegenen straßenseitigen Teilfläche zum Entschädigungswert sowie unter der − vorliegend streitgegenständlichen − Ziffer (ii) ein auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB und die vorgenannte Vorkaufsrechtsverordnung aus dem Jahr 2008 gestütztes Vorkaufsrecht für die Restfläche aus. Unter dem 16. Juli 2021 gab die Klägerin zu 2 in notariell beurkundeter Form eine so bezeichnete "Abwendungserklärung i. S. d. § 27 BauGB" ab. Die Widersprüche gegen Ziffer (ii) des Bescheides blieben erfolglos.
3 Das Verwaltungsgericht gab den Klagen statt und hob Ziffer (ii) des Bescheides vom 9. Juli 2021 sowie die Widerspruchsbescheide auf. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der notarielle Vertrag vom 17. Mai 2021 sei zwar ein Kaufvertrag über ein Grundstück. Es handele sich aber nicht um einen Vertrag mit einem Dritten i. S. v. § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB, weil es an einem Verkehrsgeschäft fehle. Trotz eigener Rechtsfähigkeit der Klägerinnen sei bei wirtschaftlicher Betrachtung nur eine Verschiebung innerhalb der Vermögenssphäre derselben natürlichen Person erfolgt, die alle Anteile der auf beiden Vertragsseiten beteiligten Kaufvertragsparteien halte. Herr X. habe sich zweier Ein-Personen-Gesellschaften bedient, um ein Grundstück von anderen Vermögenswerten zu separieren und von der einen auf die andere, ebenfalls vollständig von ihm kontrollierte Gesellschaft zu übertragen. Wenn der wirtschaftlich Betroffene sein Eigentum − wie hier − in Wahrheit nicht aufgeben wolle, sei der mit der Vorkaufsrechtsausübung verbundene Grundrechtseingriff, anders als in den typischen Fällen eines Vorkaufsfalls, nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. § 26 Nr. 1 BauGB stehe der einschränkenden Auslegung des Begriffs des Dritten in § 463 BGB nicht entgegen. Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Umgehung des Vorkaufsrechts seien nicht ersichtlich.
4 Mit ihrer Revision wendet die Beklagte sich insbesondere gegen die einschränkende Auslegung des Begriffs des Dritten. Die Klägerinnen seien gesellschaftsrechtlich jeweils selbständige Rechtsträgerinnen. Für eine teleologische Reduktion oder einschränkende Auslegung von § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 463 BGB bestehe kein Anlass. Etwaige wirtschaftliche Interessen des hinter den − nach Art. 19 Abs. 3 GG selbst grundrechtsfähigen − Kommanditgesellschaften stehenden Anteilseigners müssten auch nicht im Hinblick auf Art. 14 GG berücksichtigt werden. Nicht dieser, sondern die Klägerin zu 1 sei Eigentümerin des verkauften Grundstücks. Die Verpflichtung zur entgeltlichen Eigentumsübertragung auf eine neu gegründete Gesellschaft sei aus wirtschaftlichen und steuerlichen Motiven ganz bewusst unter Ausnutzung der Vorteile der rechtlichen Selbständigkeit der agierenden Gesellschaften eingegangen worden. In der Konsequenz müssten auch die damit einhergehenden Nachteile in Kauf genommen werden. § 26 Nr. 1 BauGB zeige, dass ein "außerfamiliäres Näheverhältnis" nicht ausreiche, um einen Vorkaufsfall auszuschließen. Die sonstigen Voraussetzungen für eine Vorkaufsrechtsausübung lägen vor. Das Berufungsgericht sei zu Recht von der Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsverordnung aus dem Jahr 2008 ausgegangen. Die Klägerin zu 2 habe keine wirksame Abwendungserklärung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB abgegeben. Die Ermessensausübung begegne keinen Bedenken.
5 Die Klägerinnen verteidigen das angegriffene Urteil. Ergänzend tragen sie vor, abweichend vom Ansatz des Oberverwaltungsgerichts, stehe nach den hier noch anzuwendenden § 105 Abs. 3, § 161 HGB und §§ 718 f. BGB jeweils in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung das gesellschaftlich eingebundene Sondervermögen einer Kommanditgesellschaft materiell-rechtlich als Gesamthandseigentum den Gesellschaftern zu. Schon aufgrund derer Identität sei der Kaufvertrag vom 17. Mai 2021 nicht auf einen Eigentumswechsel gerichtet. Die Vorkaufsrechtsausübung habe für die Gesellschafter einen für die §§ 24 ff. BauGB untypischen, unfreiwilligen Eigentumsentzug zur Folge. Im Übrigen folge aus § 26 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dass bei Ausübung eines Vorkaufsrechts nach §§ 24, 25 BauGB auf ein besonderes − vorliegend durch wirtschaftliche Identität, fehlende Sicherungsklauseln im notariellen Vertrag sowie durch einen niedrigen Kaufpreis gekennzeichnetes − Näheverhältnis zwischen Kaufvertragsparteien Rücksicht zu nehmen sei. Das Berufungsurteil erweise sich zudem jedenfalls im Ergebnis als richtig, weil die Klägerin zu 2 eine wirksame Abwendungserklärung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB abgegeben habe.
II
6 Die Revision ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz eine stattgebende Entscheidung nicht tragen, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
7 1. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es liege kein Vorkaufsfall nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB vor, ist mit Bundesrecht unvereinbar. Gemäß § 463 BGB kann der Vorkaufsberechtigte (hier die Gemeinde) das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand (das Grundstück) geschlossen hat. Der notariell beurkundete Vertrag vom 17. Mai 2021 erfüllt diese Voraussetzungen; die Klägerin zu 2 als Käuferin ist Dritte im Sinne des § 463 BGB.
8 a) Die Vorinstanz hat den unter Wahrung der Formvorgaben des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossenen notariellen Vertrag vom 17. Mai 2021 zutreffend als wirksamen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über ein Grundstück angesehen. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz waren die vertraglich geregelten Verpflichtungen − Grundstücksübereignung gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises − von den Kaufvertragsparteien übereinstimmend so gewollt.
9 b) Das Berufungsgericht legt § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB und den hierüber anzuwendenden § 463 BGB aber bundesrechtswidrig aus, soweit es die Klägerin zu 2 nicht als Dritte ansieht, weil der Grundstücksverkauf bei wirtschaftlicher Betrachtung lediglich eine Maßnahme der internen Vermögensumschichtung für die hinter beiden Vertragsparteien stehende natürliche Person sei.
10 aa) Für die Einordnung als Vorkaufsfall im Sinne der genannten Vorschriften kommt es maßgeblich darauf an, dass die Kaufvertragsparteien jeweils selbständige Rechtsträger sind, der Vertrag mithin von formal verschiedenen rechtsfähigen Vertragspartnern geschlossen wird (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, BauGB, Stand Januar 2025, § 24 Rn. 27a; Grziwotz, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, Stand Mai 2025, § 24 Rn. 6). Das ist vorliegend der Fall. In rechtlicher Hinsicht besteht keine Identität zwischen den jeweils als GmbH & Co. KG konstituierten Kaufvertragsparteien. Gesellschaftsrechtlich sind diese nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz − MoPeG) vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) − auch im Verhältnis zueinander − selbständige Rechtspersönlichkeiten. Schon nach § 161 Abs. 2, § 124 Abs. 1 HGB in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung konnten Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) unter ihrer Firma Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben sowie vor Gerichten klagen und verklagt werden. § 14 Abs. 2 BGB erklärt Personengesellschaften, die mit der Fähigkeit ausgestattet sind, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, ausdrücklich für rechtsfähig. Zuordnungssubjekt für die Rechte und Pflichten, die die Gesellschaft betreffen, sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr die gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter, vielmehr ist die Gesamthand selbst als ein von den Gesellschaftern verschiedenes Rechtssubjekt Trägerin dieser Rechte und Pflichten (vgl. BGH, Urteile vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341 <344, 347> und vom 5. März 2008 - IV ZR 89/07 - BGHZ 175, 374 Rn. 15).
11 Eine im Grundbuch eingetragene Personengesellschaft ist mithin selbst Eigentümerin des Grundstücks, nicht die dahinterstehenden Gesellschafter (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2006 - II ZR 218/05 - NJW 2006, 3716 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 4. Dezember 2008 - V ZB 74/08 - BGHZ 179, 102 Rn. 11 und vom 20. Mai 2016 - V ZB 142/15 - MDR 2016, 1272 Rn. 11). Die zum 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Neuregelungen in § 105 Abs. 2 und 3 HGB sowie § 713 BGB stellen dies lediglich klar (vgl. BT-Drs. 19/31105 S. 8 zu § 105 Abs. 2 HGB n. F.).
12 bb) Die Einordnung der Klägerin zu 2 als Dritte im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB ist nicht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Verkäufen innerhalb von Bruchteils- oder Erbengemeinschaften (vgl. BGH, Urteile vom 23. April 1954 - V ZR 145/52 - BGHZ 13, 133 <137 ff.>, vom 15. Juni 1957 - V ZR 198/55 - WM 1957, 1162 <1164>, vom 28. April 1967 - V ZR 163/65 - BGHZ 48, 1 <2 f.> und vom 14. November 1969 - V ZR 115/66 - BB 1970, 1073) zu verneinen. Der Bundesgerichtshof hat einen Vertrag mit einem Dritten nach § 504 BGB in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung in diesen Fallkonstellationen wegen der engen Verbundenheit der Mitberechtigten in solchen Gemeinschaften und dem daraus folgenden Bedürfnis, diesen Kreis gegen das Eintreten einer fremden Person zu schützen, abgelehnt (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1954 a. a. O. S. 139). Dies lässt sich auf den Verkauf zwischen Schwestergesellschaften mit identischen Gesellschaftern bzw. Anteilseignern nicht übertragen.
13 cc) Einem maßgeblich auf die selbständige Rechtsfähigkeit der Kommanditgesellschaften als Kaufvertragsparteien abstellenden Verständnis des Dritten im Sinne von § 463 BGB steht auch § 26 Nr. 1 BauGB, der für den Fall familiärer Nähebeziehungen zwischen den Kaufvertragsparteien eine Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließt, nicht entgegen. Der in § 26 BauGB normierte Katalog konkretisiert im Sinne einer negativen Tatbestandsvoraussetzung Beispielfälle, in denen das Allgemeinwohl die Ausübung des Vorkaufsrechts typischerweise nicht rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2021 - 4 C 1.20 - BVerwGE 174, 109 Rn. 13 m. w. N.). Für die Auslegung des Begriffs des Dritten gibt die Vorschrift nichts her. Die dort geregelten Ausschlussgründe kommen erst dann zum Tragen, wenn ein Kaufvertrag mit einem Dritten vorliegt.
14 dd) Die tragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es liege kein Kaufvertrag mit einem Dritten vor, weil die Vertragsparteien bei wirtschaftlicher Betrachtung identisch seien und es deshalb an einem Verkehrsgeschäft fehle, steht mit Bundesrecht nicht in Einklang.
15 Ein allgemeiner zivilrechtlicher Grundsatz, wonach Gesellschaften und ihre Anteilseigner aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen als Einheit zu betrachten sind und insoweit im Verhältnis zueinander nicht Dritte sein können, existiert nicht (zur strikten Differenzierung etwa im Versicherungsrecht siehe BGH, Urteile vom 27. Oktober 1993 - IV ZR 33/93 - NJW 1994, 585 <586> und vom 5. März 2008 - IV ZR 89/07 - BGHZ 175, 374 Rn. 15 f.). Zur Abgrenzung, ob ein Vertrag mit einem Dritten abgeschlossen wurde, kann auch nicht auf die von wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmte Einordnung als "Verkehrsgeschäft" abgestellt werden. Dieser Rechtsbegriff wird von den Zivilgerichten im Zusammenhang mit dem gutgläubigen Erwerb und damit in einem anderen dogmatischen Kontext herangezogen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2006 - V ZR 236/05 - NJW-RR 2006, 1242 Rn. 27 m. w. N.). Seine mangelnde Eignung zur näheren Bestimmung eines Vorkaufsfalls im Sinne von § 463 BGB zeigt sich u. a. darin, dass der Bundesgerichtshof die Veräußerung eines Miteigentumsanteils unter Miteigentümern zwar als Verkehrsgeschäft ansieht (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2007 - V ZR 5/07 - BGHZ 173, 71 Rn. 21 ff.), einen (vorkaufsrechtlichen) Kaufvertrag mit einem Dritten in dieser Fallkonstellation aber verneint (s. o. unter bb)).
16 Ein enges Verständnis des Begriffs des Dritten ist schließlich nicht durch Art. 14 GG geboten. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts und dem hierdurch bewirkten Zustandekommen eines (Zweit-)Vertrags zu den in der Vertragsurkunde vereinbarten Bestimmungen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 464 Abs. 2 BGB) werden zwar sowohl der Verkäufer als auch der (Erst-)Käufer in ihren Rechten aus Art. 14 GG betroffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Oktober 2001 - 4 B 68.01 - juris Rn. 6). Die Vorschriften über das gemeindliche Vorkaufsrecht (§§ 24 BauGB ff.) stellen aber verfassungskonforme Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, durch die die Sozialbindung des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) näher ausgestaltet wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1988 - III ZR 105/87 - NJW 1989, 37 <38>; zum naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. November 2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1 S. 1 f.). Die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verbundenen Grundrechtseingriffe wiegen in der Regel nicht besonders schwer: Dem Verkäufer wird mit der Gemeinde lediglich ein anderer, stets solventer Vertragspartner zugewiesen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 - 10 B 9.18 - BRS 87 Nr. 80 S. 527 und Beschluss vom 3. März 2020 - 10 N 41.17 - juris Rn. 14); für den Käufer beschränkt sich die Belastung auf den Verlust einer Erwerbschance (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Oktober 2001 - 4 B 68.01 - juris Rn. 6).
17 Dies gilt auch hier für die nach Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähigen, am Kaufvertrag beteiligten rechtlich selbständigen Gesellschaften. Eine höhere Eingriffsintensität folgt nicht daraus, dass hinter beiden Kaufvertragsparteien derselbe alleinige Anteilseigner steht. Die Erwägung der Vorinstanz, dieser habe sich in Wahrheit nicht von seinem Eigentum trennen wollen, sodass die Ausübung des Vorkaufsrechts ihm gegenüber "kein geringfügiger und ohne Weiteres gerechtfertigter Eingriff" sei (UA S. 32), trägt nicht. Insbesondere hat die Ausübung des Vorkaufsrechts für diesen keine Belastungen zur Folge, die einer Enteignung nahekommen. Insoweit ist zwischen den grundrechtlichen Schutzpositionen der Gesellschaften und dem hinter ihnen stehenden Anteilseigner zu differenzieren (vgl. dazu Dederer, in: Bonner Kommentar, GG, Stand Februar 2025, Art. 14 Rn. 63 f.): Der Schutz des Anteilseigentums an den beteiligten Gesellschaften aus Art. 14 GG beschränkt sich als gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum auf bestimmte rechtlich ausgeformte Mitwirkungsrechte innerhalb und vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber der Gesellschaft (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. September 2011 - 1 BvR 1460/10 - DB 2011, 2594 Rn. 16 m. w. N.); es wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts an dem der Gesellschaft gehörenden Grundstück nicht betroffen. Soweit ein Gesellschafter, der substantielle Anteile an einer Gesellschaft hält, an deren grundrechtlichem Eigentumsschutz teilhaben kann (zur Beschwerdebefugnis im Verfassungsbeschwerdeverfahren vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u. a. - BVerfGE 143, 246 Rn. 183), bleibt seine Schutzposition eine abgeleitete; seine rechtliche Betroffenheit kann daher nicht schwerer wiegen als die der jeweiligen Gesellschaft − hier der vertragsschließenden Kommanditgesellschaften − selbst. Für die Trennung der Eigentumspositionen von Gesellschaft und Anteilseigner durch die Gründung rechtlich selbständiger Personengesellschaften und den Abschluss eines Kaufvertrages als Mittel der "Vermögensumschichtung" haben sich die Klägerin zu 1 und ihr Anteilseigner freiwillig und bewusst aus Gründen der Steueroptimierung entschieden. Daran müssen sie sich auch hinsichtlich der rechtlich nachteiligen Folgen festhalten lassen.
18 2. Der Senat kann das Urteil weder als im Ergebnis richtig bestätigen (§ 144 Abs. 4 VwGO) noch zugunsten der Beklagten durchentscheiden und die Klagen abweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Die tatrichterlichen Feststellungen lassen eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht zu. Dies führt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO.
19 a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Verordnung über das Vorkaufsrecht von 2008 auf der Grundlage von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Bauleitplanfeststellungsgesetz HA wirksam erlassen wurde und bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags nicht funktionslos geworden war (UA S. 21 ff., 25 f.). Dies ist von den Klägerinnen im Revisionsverfahren nicht substantiiert infrage gestellt worden.
20 b) Das Berufungsurteil erweist sich nicht deshalb als im Ergebnis richtig, weil die Ausübung des Vorkaufsrechts in analoger Anwendung von § 26 Nr. 1 BauGB ausgeschlossen ist. Dieser Ausschlusstatbestand − vgl. oben 1. b) cc) −, der nach seinem Wortlaut hier nicht einschlägig ist, berücksichtigt zwar, dass bei engen persönlichen Beziehungen Grundstücksgeschäfte häufig nur auf diesem Umstand beruhen und die Bedingungen des Geschäfts ebenfalls durch das Näheverhältnis geprägt sind (vgl. Grziwotz, ZfIR 2014, 533; BT-Drs. 10/4630 S. 83). Der Gesetzgeber hat § 26 Nr. 1 BauGB indes nicht als allgemeinen Nähetatbestand formuliert, sondern seine Anwendung ausdrücklich auf einen eng definierten Kreis von Familienmitgliedern des Grundstückseigentümers beschränkt. Dies steht einer analogen Anwendung (zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - BVerwGE 161, 99 Rn. 15 m. w. N.) hier entgegen: Weder kann für die vorliegende Fallgestaltung von einem versehentlichen, dem Normzweck zuwiderlaufenden Regelungsversäumnis des Normgebers (Regelungslücke) noch von einer Vergleichbarkeit der Nähebeziehung der Kaufvertragsparteien auf Gesellschafterebene mit den von § 26 Nr. 1 BauGB erfassten Fällen ausgegangen werden.
21 c) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht beurteilen, ob die Klägerin zu 2 als Erstkäuferin die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB wirksam abgewendet hat und die Vorkaufsrechtsausübung deshalb rechtswidrig ist.
22 Der in der Erklärung enthaltene Vorbehalt, wonach die Verpflichtungen nur gelten sollen, soweit die im "Bescheid vom 9. Juli 2021 geltend gemachten Vorkaufsrechte bestehen", steht der Wirksamkeit der als einseitiger Willenserklärung bedingungsfeindlichen Abwendungserklärung (vgl. Kronisch, in: Brügelmann, BauGB, Stand Januar 2025, § 27 Rn. 32) nicht entgegen. Er lässt sich als − unproblematische − sog. Rechtsbedingung verstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2003 - 8 C 12.02 - Buchholz 428.1 § 15 InVorG Nr. 2 S. 4).
23 Die Vorinstanz hat indes von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent nicht geprüft, ob die Verwendung des Grundstücks nach den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar und als solche Inhalt der erklärten Verpflichtung ist. Tatsächliche Feststellungen hierzu sind dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Zudem fehlt es an Feststellungen dazu, ob der Käufer zur zweckentsprechenden Nutzung binnen angemessener Frist in der Lage ist. Dem wird das Oberverwaltungsgericht für den Fall, dass die Grundstücksverwendung den vorgenannten Bestimmtheitsanforderungen genügt, nachzugehen haben.
24 d) Sollte eine Abwendungsbefugnis der Klägerin zu 2 nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht bestehen, wird das Oberverwaltungsgericht auch prüfen müssen, ob das Wohl der Allgemeinheit die Vorkaufsrechtsausübung rechtfertigt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Maßgeblich ist, ob nach dem Ergebnis einer einzelfallbezogenen Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 - 4 B 245.89 - Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 3 S. 3). Weder bei der Prüfung der Allgemeinwohlrechtfertigung noch bei der sich ggf. anschließenden Prüfung einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. April 1993 - 4 B 31.93 - NVwZ 1994, 282 <284>) kann unter Berücksichtigung der Erwägungen zu 1. b) dd) auf eine besondere, auf Art. 14 GG gründende Betroffenheit von Herrn X. wegen seiner Stellung als alleinigem Anteilsinhaber beider als GmbH & Co. KG verfasster Kaufvertragsparteien und der aus seiner Sicht allein beabsichtigten Umverteilung seines gesellschaftsrechtlich gebundenen Vermögens abgestellt werden. Es bleibt insoweit aber Raum für die Berücksichtigung besonderer betrieblicher Belange, etwa hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Maß dem hinter den Klägerinnen stehenden Gewerbebetrieb (Autovermietung) besondere Belastungen als Folge des Wegfalls eines Betriebsgrundstücks drohen.